MedienBar (7): Gleichstellung der Geschlechter

Materialien anlässlich des internationalen Frauentages

Vektorgrafik mit diversen MedienWie jeden 8. März – und das seit 101 Jahren – feiern wir heute den Internationalen Frauentag. Seinen historischen Ausgangspunkt nahm er in den Demonstrationen für Frauenrechte am 19. März 1911 in den USA und Europa; zunächst ohne festes Datum wurde 1921 der 8. März auf der internationalen Konferenz kommunistischer Frauen festgelegt. Dass dieser Tag nicht nur aus Tradition existiert, zeigt schon der jährliche Aktionstag Equal Pay Day.  Welche weiteren geschlechterbezogenen Ungleichheiten machen diesen Tag auch heute zu einem Frauenkampftag?

Fakten & Zahlen zur (fehlenden) Gleichstellung der Geschlechter

Ende 2022 wurde vom Gender Equality Advisory Council GEAC, dem Beirat für Gleichstellungsfragen der führenden Industrienationen G7, ein Bericht als gemeinsame Vision für Geschlechtergleichheit veröffentlicht. Darin wird die weltweite Gleichstellung der Geschlechter analysiert und Benachteiligungen in folgenden Handlungsfeldern aufgezeigt: Finanzierung, Investitionen/Eigentum/Unternehmen, Care-Ökonomie, feministische Diplomatie, sexualisierte Gewalt, Krisen und ihre geschlechterbezogenen Folgen sowie intersektionale Politik. Das GEAC-Dashboard gibt einen Einblick der geschlechterspezifischen Unterschieden in den einzelnen Ländern. Der GEAC-Bericht ist auf Englisch und bietet einen detaillierten Überblick über das Thema.

Einen kurzen Überblick über verschiedene Gender Gaps veröffentlichte die Friedrich-Ebert-Stiftung letztes Jahr zum Frauentag. Neben dem Gender Pay Gap (Lohngefälle) finden sich hier prägnante Erklärung und Zahlen zu folgenden Unterschieden zwischen den Geschlechtern (Gap): Gender Time Gap (Arbeitszeit), Gender Pension Gap (Alterssicherung), Gender Lifetime Earnings Gap (Lebenserwerbseinkommen), Gender Care Gap (Sorgearbeit), Digital Gender Gap (Zugang zu digitalen Technologien) und Gender Data Gap (Datenerhebungen). Johanna Urbančik benennt in dem Web-Beitrag „Gender Gaps: In diesen Bereichen sind Frauen noch immer benachteiligt“ zusätzlich noch den Gender Leadership Gap (Führungspositionen) und Gender Health Gap (Gesundheit). Nur als erster Einstieg geeignet, werden hier verschiedene Bereiche struktureller Geschlechterungleichheiten im Jahr 2022 sichtbar. 

Einen Einblick in die gesetzliche Situation in der Welt bezüglich der sexuellen Orientierung publiziert die International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) jedes Jahr in einer ILGA_Weltkarte. Die Karte ist ein nützliches Werkzeug, um die weltweit unterschiedliche Menschenrechtssituation zu betrachten. Vertiefend kann der Report zur Homofeindlichkeit genutzt werden, zuletzt aus dem Jahr 2020.

Genderbasierte und sexualisierte Gewalt

Gewalt gegen Mädchen, Frauen und queere Menschen ist ein Ausdruck der in den Geschlechternormen eingeschriebenen Ungleichheit verbunden mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen. Was sexualisierte Gewalt ist und wie geholfen werden kann, wird z.B. in dem Hilfe-Portal sexeuller Missbrauch erklärt. Mit dem Forschungsnetzwerk „Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in pädagogischen Kontexten“ förderte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) 2017 bis 2021 über zwanzig Forschungsprojekte mit dem Ziel, eine neue Forschungslandschaft zum Thema in Deutschland zu etablieren. Im Download-Bereich sind die gemeinsamen Empfehlungen für die Forschung gegen sexualisierte Gewalt in pädagogischen Kontexten (Bonner Ethik-Erklärung) und Broschüren mit Übersichten über die Forschungsvorhaben zu finden.

Die Beiträge im Dossier Gewalt gegen Frauendes Gunda Werner Instituts der Heinrich Böll Stiftung beschäftigen sich mit verschiedenen Facetten des Themas, u.a. zu den Protesten im Iran, zu den Plänen der Regierung hinsichtlich von Femiziden und des Strafmaßes bei Gewalt gegen Frauen sowie zu sexualisierter Gewalt auf der Flucht. Das Dossier versammelt unterschiedliche Textformate, z.B. Statement und feministische Zwischenrufe, so dass auch ältere Texte zu finden sind. 

Istanbul-Konvention

Die Istanbul-Konvention besagt „dass die Verwirklichung der rechtlichen und der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ein wesentliches Element der Verhütung von Gewalt gegen Frauen ist“. Prof Dr. Ariane Brenssell von der Ostfalia HaW und Mitglied unseres Gender-Netzwerkes beschäftigt sich intensiv mit dieser Konvention. Ihr aktuelles Forschungsprojekt zur „Umsetzung der Istanbul-Konvention im ländlichen Raum“ begleitet die Umsetzung im Landkreis Goslar im Austausch mit den Akteur*innen vor Ort. Aus der vorangegangenen Forschungsarbeit „Die Bedeutung der Istanbul-Konvention für die soziale Arbeit“ ist die Broschüre „Istanbul-Konvention – Neue Grundlagen für die soziale Arbeit“ hervorgegangen. Hier wird die Rolle der Menschenrechtskonvention für die Arbeit der Sozialarbeiter*innen besonders beleuchtet. In unserem früheren Beitrag „Wie sind die Verpflichtungen der Konvention in den Vorgaben der Schule verankert?“ haben wir 2020 dazu recherchiert, wie die aus der Konvention hervorgehenden Verpflichtungen für Schulen in den Kerncurricula in Niedersachsen verankert sind. 

Spielerische Wissensvermittlung

Eine Sensibilisierung für das Thema kann bereits in der Schule stattfinden. In der Spielesammlung „Gleichstellung spielerisch thematisiert“ finden sich Anregungen und Ideen vom Verein EfEU, der seit langem im Bereich Bildung und Geschlecht aktiv ist. Insbesondere Lehrkräfte, Sozialarbeiter*innen und Bezugspersonen können die hier vorgeschlagenen Spiele mit Jugendlichen (zwischen 12 und 18 Jahren) im schulischen und außerschulischen Kontext spielen.

Gender Bias in der Wissenschaft

Auch in der Wissenschaft ist es noch ein weiter Weg zur Gleichberechtigung. Nach wie vor wird ein Ungleichgewicht entlang der Karriereleiter festgestellt: Je höher die akademische Stellung, desto geringer der Frauenanteil (Leaky Pipline). Zudem zeigt sich immer noch in vielen Studiengängen ein deutlicher Gender Bias. Einen Überblick hierzu bietet der Artikel „Nicht mit ihnen und nicht ohne sie: Implizite Biases in der Wissenschaft“ von Horvath und Blackmore (2021).
Der Dokumentarfilm „Picture a scientist – Frauen der Wissenschaft“ (USA 2020) zeigt eine Biologin, eine Chemikerin und eine Geologin und ihre diskriminierenden Erfahrungen, die sie in ihren Wissenschaftskarrieren machen mussten. Er dokumentiert aber auch ihren Kampf um Anerkennung und Gleichberechtigung, ihren Mut und Solidarität, die einen Kulturwandel und strukturelle Veränderungen im Wissenschaftssystem in Gang bringen.
In Forschung & Lehre beschreibt Anke Lipinsky in einem Interview, wie andere europäische Länder Chancengleichheit umsetzen.

Einrichtungen und Aktivitäten der im BZG kooperierenden Hochschulen

Die Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen sind die erste Anlaufstelle zum Thema Gleichstellung, so auch an der TU BS, Ostfalia und HBK. Studierende können sich an der TU BS zudem an die Koordinierungsstelle Diversity wenden. Seit einigen Jahren ist zudem eine Ombudsperson benannt, die Studierende, Beschäftigte und Lehrpersonen jeglichen Geschlechts und sexueller Orientierung bei sexueller Belästigung, Diskriminierung und Gewalt kontaktieren können.

Mit der Kampagne KNOW MORE setzt die TU zudem seit Mai 2022 ein Zeichen gegen sexualisierte Gewalt. Vorträge und Workshops finden in diesem Rahmen noch bis Ende 2023 statt.

Beitragsserie MedienBar

Wir bringen seit Oktober 2022 in unregelmäßigen Abständen in dieser Serie MedienBar Beiträge, in denen wir multimediale Materialien zu queer-feministischen Themen vorstellen.

Wenn Sie Material zu einem bestimmten Thema suchen oder entsprechende Tipps für uns haben, schreiben Sie gerne an Katja Barrenscheen.

Bisher erschienen
MedienBar (1): Gender-Mediathek
MedienBar (2): Willkommen im Club
MedienBar (3): Geschlechtliche Selbstbestimmung
MedienBar (4): Religion, Geschlecht und Sexualität
MedienBar (5): Geschlechtergerechte und queerbewusste Sprache
MedienBar (6): Verfolgung queerer Menschen im Nationalsozialismus