Formatumstellung angesichts von Covid-19
Covid-19 hat die Gesellschaften europaweit und global im Griff. Was lässt sich aus Sicht feministischer Diskussionszusammenhänge zu der durch das Virus ausgelösten gesellschaftlichen Entwicklung sagen? Sind jetzt (ersehnte/befürchtete) Wertewechsel möglich oder wird vielmehr an alteingesessenen Strukturen umso nachhaltiger festgehalten? Welche Beobachtungen generiert die Situation, was können zu diesem Zeitpunkt Künstlerinnen und Denkerinnen bereits oder wieder erkennen?
Sasha Marianna Salzmann, ausgezeichnet mit der diesjährigen Ricarda Huch Poetikdozentur, initiiert in diesem Rahmen vier Gespräche: mit der Soziologieprofessorin Sabine Hark, dem Autor und Dramaturg Necati Öziri, der Dramatikerin Sivan Ben Yishai und der Schriftstellerin Emma Braslavsky. Sie setzen der rasend schnellen globalen Entwicklung mit ihren naturwissenschaftsbasierten Entscheidungen und rasch gefassten Notfall-Maßnahmen eine radikal entschleunigte, intellektuelle Technik entgegen: Nachdenken; ungesehene Zusammenhänge ansprechen; ignorierte Konsequenzen benennen; blinde Voraussetzungen klären.
Die diesjährige Poetikdozentur verläuft angesichts von Covid-19 in veränderter Form: Die vier geplanten Gespräche werden aufgezeichnet und online ab Juli bis Oktober zur Verfügung gestellt. Die Gestaltung der Preisverleihung inklusive Lesung und eines Vortrages werden im Dezember digital in Form eines Webinars stattfinden.
In diesem Beitrag finden Sie auch in Zukunft alle aktuellen Informationen und die Verlinkung aller Online-Gespräche im Rahmen der 6. Ricarda Huch Poetikdozentur.
Ab dem 20. Juli online
Grußworte der Kulturdezernentin Dr. Anja Hesse sowie der Präsidentin der TU Braunschweig Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla
Laudatio von Dr. Carolin Bohn
Im Gespräch I: Sasha M. Salzmann – Prof. Dr. Sabine Hark
„Brüderhorde“
In Sigmund Freuds Kulturtheorie ermordet die Brüderhorde den Vater, Clanchef und Alleinherrscher. Dadurch entsteht – temporär und auf ein Geschlecht beschränkt – geteilte männliche Herrschaft, was zunächst nach der Urszene der Demokratie klingt. Im Gespräch gehen Sasha Salzmann und die Soziologin Sabine Hark dem Begriff aus feministischer Perspektive nach: Ist das heute anscheinend zunehmende (Wieder-)Erstarken von „Brüderhorden“ eine teils gewaltvolle, teils hilflose Reaktion auf die Möglichkeit einer nicht-binären (geschlechtlichen) Logiken folgenden Gesellschaft oder birgt es auch Potentiale für eine geschlechtergerechte Gesellschaft?
Im Gespräch II: Sasha M. Salzmann – Necati Öziri
„Für wen schreiben wir?“
Im Gespräch zwischen den Autor*innen Sasha Salzmann und Necati Öziri, die nacheinander das STUDIO Я am Gorki Theater in Berlin geleitet haben, entspinnen sich Gedanken darüber, für wen sie schreiben – und für welches Heute, für welche Zukunft, aufgrund welcher Vergangenheit und Geschichte. Wie kann erzählt werden, was heute wirklich erzählt werden muss, weil es gesellschaftlich brennt – Desintegration, kanonische versus queere Blicke, Rassismus, Migration. In das Gespräch sind auch eine Reihe von Fragen an Sasha Salzmann eingeflossen, die Studierende der Germanistik (TU) und des Darstellenden Spiels (HBK) entwickelt haben.
Ab dem 16. Oktober online
Im Gespräch III: Sasha M. Salzmann – Sivan Ben Yishai
„The Body as an Argument“
In dem Gespräch mit der Dramatikerin Sivan Ben Yishai werden Fragen nach Geschlechtsidentität, Liebe, Immigration, Selbst-/Sabotage, Sprechen und Begehren mit ihrer körperlichen Seite kurzgeschlossen und von dort aus gestellt. Ist Identität eine Körperinschrift, ist der Körper sich selbst Inschrift? Wo fängt Sexualität an, wo hört Körper auf? Welche Rolle spielt der eigene Körper beim Schreiben einerseits von Theatertexten andererseits von Romanen?
Im Gespräch IV: Sasha M. Salzmann –Emma Braslavsky
„Der Android ist eine Frau“
Im Gespräch knüpfen Sasha M. Salzmann und die Schriftstellerin und Kuratorin Emma Braslavsky an deren letzten Roman „Die Nacht war bleich, die Lichter blinkten“ (2019) an. Was macht den Roboter einem Geschlecht zugehörig – Zuschreibung, Programmierung, Gelegenheit, Anpassung? Wo treffen sich Maschinenmenschen und feministische Ansätze, unsexuelle/sexualisierte Körper und anpassungsfähige, dienstbereite Hubots?
Im Dezember: Abschlussveranstaltung „Störung – über Phantasma und Kitsch“
Webinar mit Vorlesung, Diskussion und Lesung
16. Dezember 2020
18:00 bis 19:30 Uhr (Online)
Die Abschlussveranstaltung findet in Form eines Webinars mit Vortrages, Diskussion und Lesung statt, zu dem wir Sie herzlich einladen. Fragen des Vortrags sind: Wie wirken kollektive Phantasien identitätsstiftend? Wie trotzen Schreibende der Forderung nach einer vermeintlichen Authentizität, um ihre eigene Stimme zu finden? Und warum sind Bücher nach wie vor unersetzlich?
Mehr Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.